Contact Information

3413 Marion Drive
Tampa, FL 33637

Ihren Kurven und Rundungen mit dem Blick zu folgen, ist so subtil sinnlich, dass es ein bisschen prickelt um die Bauchnabelgegend. Für die Jubiläumsschau zum 200-jährigen Bestehen der familiengeführten deutschen Möbelmanufaktur Thonet hat die Münchner Pinakothek der Moderne 70 Exemplare versammelt.

Jeder von ihnen scheint dabei mit einer eigenen Persönlichkeit versehen, einzigartig - und doch stammen sie alle irgendwie aus derselben Familie, sind miteinander verwandt.

„Es ist schwerer, einen guten Stuhl zu bauen als einen Wolkenkratzer“, sagte der deutsche Architekt Ludwig Mies van der Rohe, der für Thonet 1927 den Stahlrohr-Freischwinger „S 533“ entwarf.

Es war die Weiterentwicklung des hinterbeinlosen Kragstuhls, den sein niederländischer Kollege Mart Stam ein Jahr zuvor designt hatte, angelehnt an den „Wassily“. Diese Kuben ersetzte Mies van der Rohe durch Bogen aus kalt gebogenem Stahlrohr, die Stams kantiges Modell schließlich zum Schwingen brachten.

Der legendäre Stuhl „S 533 F“ von Ludwig Mies van der Rohe wurde vom Designerduo Besau Marguerre neu aufgelegt. Der kalte Stahl, ein bisschen dazwischen gespannter Stoff beziehungsweise Leder, und dann noch die Sache mit der fragwürdigen Statik.

Seither gehört der Stuhl für Möbelbauer wohl zum interessantesten Objekt, das sich gestalten lässt, denn er ist mit den Jahren zum Statussymbol geworden, zum Accessoire und Eyecatcher der modernen räumlichen Inszenierung.

War der Stuhl früher noch ein Privileg ägyptischer Pharaonen, eines von Königen und Herrschern, natürlich auch des Klerus, die von prächtig geschmückten Thronen hinabblickten auf ihr am Boden kauerndes und kniendes Volk, hat sich seine Verwendung inzwischen demokratisiert.

Für ihr Kaffeehaus am Kohlmarkt in Wien bestellte Daum den Stuhl „Nummer 4“ mit der zu zwei Schnecken geschnörkelten Rückenlehne und der Sitzfläche aus Korbgeflecht. Das markiert den Beginn einer hollywoodesken Liebesgeschichte: Kein Kaffeehaus ohne Thonet- Stuhl - diese Liebe hält bis heute.

Damals wurde der Grundstein dafür gelegt, was man heute „Projektgeschäft“ nennt: Möbel für den öffentlichen Raum zu produzieren, für jedermann. Sein Traum von einem klassenlosen Stuhl verband sich mit hoher Qualität zu einem günstigen Preis - und die Poesie des gebogenen Holzes tat ihr Übriges. Damit nahm Michael Thonet Mitte des 19. Jahrhunderts vorweg, was Mies van der Rohe später mit dem Bauhaus-Credo „Less is More“ definieren sollte.

Noch bevor Thonet auf Empfehlung von Fürst von Metternich nach Wien übersiedelte („In Boppard bleiben Sie ein armer Mann“), wuchs seine Idee im Mittelrheintal, wo zwischen rot-goldenen Weinbergen Brentanos Loreley nicht weit, und wo im Spätsommer die Luft von Federweißem beschwipst ist.

Ein Glück, dass der Schreiner die Zeichen der Zeit erkannte und an das einfache Volk dachte, das sich diese Möbel nicht leisten konnte. Um einen formschönen, erschwinglichen Stuhl in großen Mengen zu produzieren, verwendete er einheimisches Holz, das reichlich vorhanden war.

Mit diesem Verfahren begann die Revolution - und es funktioniert heute noch so, wie er es sich 1856 patentieren ließ: Fünf Stunden weicht das Buchenholz im Wasserdampf ein, dann bleiben drei Minuten, um es in Form zu bringen, bevor es zu trocken ist und bricht. Das Biegen ermöglicht ein völlig neues Design, das sich nicht nur in Wien an Frau Daum, sondern in alle Welt verkauft.

Die „Nummer 14“ steht im Weißen Haus und auf Henri de Toulouse-Lautrecs Gemälde „Au Moulin Rouge“. Und der Schweizer Architekt Le Corbusier stattete 1925 seinen „Pavillon de l'Esprit Nouveau“ auf der Pariser „Exposition des Arts Décoartifs“ mit dem Armlehnstuhl „Nummer 9“ aus und sagte: „Noch nie ist Eleganteres und Besseres in der Konzeption, Exakteres in der Ausführung und Gebrauchstüchtigeres geschaffen worden.“ Dass diese schlichten Stühle einen derartigen Siegeszug antreten konnten, liegt aber nicht nur am Design, sondern auch an Thonets Vertriebsidee. Thonet nimmt damit ein Erfolgsprinzip vorweg, das ein gewisser Ingvar Kamprad 1943 für seinen schwedischen Einrichtungskonzern Ikea aufgreifen sollte.

Herkner spielt mit einem gebogenen Sitzrahmen, einer mit Rohrgeflecht bespannten Sitzfläche, verschränkt die „Nummer 14“ mit dem „Frankfurter Stuhl“, den Thonet ab 1930 fertigte, auf zeitgemäße Art.

Der legendäre Stuhl „S 533 F“ von Ludwig Mies van der Rohe wurde vom Designerduo Besau Marguerre neu aufgelegt.
Der legendäre Stuhl „S 533 F“ von Ludwig Mies van der Rohe wurde vom Designerduo Besau Marguerre neu aufgelegt.
Meister ihres Handwerks. Thonet verfügt über 200 Jahre Erfahrung im kunstvollen Biegen von Bugholz.
Meister ihres Handwerks. Thonet verfügt über 200 Jahre Erfahrung im kunstvollen Biegen von Bugholz.
Sebastian Herkner hat den „Thonet 118“ in Rückgriff auf den „214“ und den „Frankfurter Stuhl“ neu gestaltet.
Sebastian Herkner hat den „Thonet 118“ in Rückgriff auf den „214“ und den „Frankfurter Stuhl“ neu gestaltet.

Balkon gestalten und vertikale Gärten

Betthaupt bauen